GRUNDLAGEN FÜR DAS MITEINENDER

Grundlagen für das Miteinander christlicher Bewegungen und Gemeinschaften

Beschlossen 11. November 2009 in Rom, modifiziert 21. Mai 2020


Seit 1999 gehen Verantwortliche christlicher Bewegungen und Gemeinschaften - vom Heiligen Geistes gedrängt und vereint im Namen Jesu – einen gemeinsamen Weg. Die verschiedenen Etappen des bislang zurückgelegten Weges lassen erkennen, dass Gott es war, der die Schritte gelenkt hat. Sie weisen zudem auf die Besonderheiten dieses Miteinanders, die auch für die Zukunft Gültigkeit haben.1

I.     Geist

1. Im Hören auf das Evangelium sind wir zu dem Bündnis der gegenseitigen Liebe nach dem neuen Gebot Jesu2 geführt worden. Es ist Grundlage dieses Miteinanders

2. Die gegenseitige Liebe lässt die Gegenwart Christi gemäß seiner Verheißung erfahren: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“3 Das ist der eigentliche Sinn jeder Begegnung oder gemeinsamen Aktion: Jesus in unserer Mitte

3. Eine Frucht solcher Liebe ist, dass sie die Charismen der anderen Bewegungen und  Gemeinschaften ins Licht rückt, die Gabe Gottes also, aus der heraus und für die jede Bewegung oder Gemeinschaft lebt. Diese Liebe ist bereit,  die eigenen Ideen zurückzustellen und die Lasten der anderen zu tragen.4 Sie lässt uns als Versöhnte leben: im Vergeben und in der Bitte um Vergebung. Das gilt für die persönlichen Beziehungen, aber auch für die Beziehungen zwischen Bewegungen und Gemeinschaften sowie mit den Kirchen.

4. Diese Liebe hilft Vorurteile zu überwinden, öffnet Herz und Seele für die Erfahrungen der anderen mit Gott und sie schafft unter Männern und  Frauen von verschiedenen Bewegungen und Gemeinschaften zweckfreie, geschwisterliche Beziehungen.

5 Jede Bewegung oder Gemeinschaft hat ihre spezielle Aufgabe. Die Charismen, die Gott ihnen anvertraut hat, sind Seine Antwort auf die Bedürfnisse der Menschen.5 Jedes ist wie ein Lichtstrahl des Heiligen Geistes in eine spezielle „Nacht“ der heutigen Zeit.6

6. Im ersten Brief an die Korinther7 beschreibt Paulus, wie die Beziehungen zwischen den Charismen sein sollen, damit Christus sichtbar wird. Es zählen weder Größe noch Ausdehnung einer Bewegung oder Gemeinschaft sondern die Tatsache, dass sie Trägerin einer Gabe des Geistes ist und dass sie mit den anderen in Beziehung steht.

7.  Die Bewegungen und Gemeinschaften, die an diesem Miteinander teilhaben, sind vor allem Ausdruck der Laien im Volk Gottes.

II.    Erfahrungen und Kultur der Zusammenarbeit

8. Unser gemeinsamer Weg ist bestimmt vom Hören auf das Wort Gottes. Miteinander wollen wir in unserer Zeit das Evangelium leben und bezeugen.

9. Das Miteinander lässt die Einheit wachsen. Wir erkennen, dass Gott sein Volk sammelt. Wir wollen dem Einswerden des Volkes Gottes dienen.

10. Wir haben den Ruf Gottes gehört: „Europa steh auf!“8 Unser Miteinander setzt sich ein für Europa und für seine Einheit, um die christliche Seele Europas zu stärken. Das bedeutet auch, sich an politischen, kulturellen und sozialen Prozessen und Entscheidungen zu beteiligen. 

11. Wir arbeiten zusammen, wie in den Botschaften „Miteinander für Europa“ 2004 und 2007 versprochen wurde, wo und wann immer es möglich ist. Dabei bleibt jede Bewegung oder Gemeinschaft sie selbst, das heißt treu gegenüber dem eigenen Charisma, dem eigenen Gründer und der eigenen Berufung.

12. Das Miteinander ist weder eine Organisation noch eine neue Struktur, sondern wir leben ein Miteinander von Freunden in Christus.

13. Wir arbeiten auch für Projekte zusammen, die von einer oder mehreren  Bewegungen oder Gemeinschaften verantwortet werden. Die Zusammenarbeit dauert eine begrenzte Zeit, sie geschieht in Freiheit und den jeweiligen Möglichkeiten einer Bewegung oder Gemeinschaft entsprechend.

III.    Trägerkreis „Miteinander für Europa“

14. Zum Trägerkreis „Miteinander für Europa“ können Verantwortliche christlicher Bewegungen oder Gemeinschaften gehören. die bereit sind

  • das Bündnis der gegenseitigen Liebe mit den Mitgliedern anderer Bewegungen und Gemeinschaften zu leben,
  • in der eigenen Gemeinschaft und Bewegung den Geist des Miteinanders auszubreiten,
  • die Botschaften von Stuttgart 2004 und Stuttgart 2007 mitzutragen,
  • dem Miteinander konkret auch mit dem Einsatz von Zeit und Ressourcen zu dienen.

15. Sie sind mit der eigenen Kirche verbunden und begegnen den anderen Kirchen und Bewegungen mit Respekt und Wohlwollen.

16. Im gemeinsamen Hören auf den Heiligen Geist erfahren sie Sein Licht, um die Zeichen der Zeit lesen zu können. Damit erfüllen sie einen prophetischen Dienst.

17. Mit jährlichen Treffen auf europäischer Ebene – zu denen das Leitungskomitee einlädt -  fördern sie die Gemeinschaft im Trägerkreis „Miteinander für Europa“, halten sich gegenseitig auf dem Laufenden über die Entwicklungen im Miteinander und entscheiden über mögliche gemeinsame Initiativen.

18. Im Bewusstsein, von Gott besondere Gabe erhalten zu haben, beschäftigen sie sich im Trägerkreis mit konkreten Herausforderungen Europas, um zu verstehen, wie ihre Charismen zum Wohl der Menschen fruchtbar eingesetzt werden können.

19. Die Mitglieder des Trägerkreises „Miteinander für Europa“ sind auf nationaler Ebene die treibenden Kräfte für Gemeinschaft und Zusammenarbeit und sie organisieren nationale Zusammenkünfte.

IV.    Leitungskomitee

20. Die Mitglieder des Leitungskomitees sind  in der Regel die Letztverantwortlichen einer Bewegung oder Gemeinschaft. Sie werden vom Leitungskomitee selbst berufen. Wer nicht mehr diese Verantwortung innehat, kann im Leitungskomitee bleiben. Er/sie ist Zeuge/Zeugin der gemeinsamen Geschichte.

21. Das Leitungskomitee setzt sich aus Letztverantwortlichen von Bewegungen und deren Beauftragten zusammen. Darüber hinaus sollte jeweils eine jüngere Person pro Bewegung beratend dazu gehören. Es achtet außerdem auf eine ausgewogene Zusammensetzung von Männern und Frauen, aus Ost- und West- sowie Nord- und Südeuropa. Darüber hinaus ist es wachsam, welche neuen Bewegungen integriert werden können. Für unsere Kommunikation wäre es hilfreich, wenn künftig mehr zwei- und mehrsprachige Personen beteiligt wären.

22. Die Mitglieder des Leitungskomitees  leben untereinander eine möglichst  tiefe Gemeinschaft, damit es als Modell für alle anderen Formen des Miteinanders unter den Bewegungen und Gemeinschaften dienen kann. Sie haben sozusagen eine „zweite Berufung“; das heißt, sie leben nicht nur für die eigene Bewegung oder Gemeinschaft, sondern sie dienen konkret dem Miteinander.

23. Sie schützen und fördern auf diese Weise Geist und Zusammenarbeit wie sie in Absatz 1 und 2 beschrieben sind.

24. Aus praktischen Gründen delegierten manche Letztverantwortlichen die Aufgabe im Leitungskomitee. Damit es zu einem Austausch und zur Begegnung der Letztverantwortlichen (der Bewegungen, die das „Miteinander“ maßgeblich tragen) mit dem Leitungskomitee kommt, sollen Begegnungsräume (alle 2-3 Jahre dem Austausch untereinander und zur Klärung der gemeinsamen Linien von „Miteinander für Europa“ dienen.

25. Das Leitungskomitee bereitet die Treffen des Trägerkreises „Miteinander für Europa“ vor. Es begleitet und ermutigt Initiativen zum Miteinander in Europa und weltweit. Es pflegt die Kommunikation mit den nationalen Teams, mit den Regionen und mit Projektgruppen.

26. Das Leitungskomitees beruft einen Moderator und einen Generalsekretär. Zusammen mit einem oder zwei weiteren Mitgliedern des Leitungskomitees bilden sie ein geschäftsführendes Team. Sie bereiten das Leitungskomitee vor und sind für die Umsetzung der Beschlüsse des Leitungskomitees zuständig. Alle zwei Jahre findet die Wahl oder Bestätigung  für diese Aufgaben statt.

27. Das Leitungskomitee entscheidet über die Zulassung neuer Mitglieder zum Trägerkreis „Miteinander für Europa“. Wenigstens zwei Mitglieder des Leitungskomitees müssen ihre Zustimmung geben, wenn ein/e neue/r Verantwortliche/r einer Bewegung oder Gemeinschaft eingeladen werden soll. Das Leitungskomitee wird vorher über die Einladung informiert.

28. Das Leitungskomitee fördert und unterstützt die Bildung von nationalen Teams im „Miteinander für Europa“. Es fördert außerdem den Kontakt der nationalen Teams untereinander und zum Leitungskomitee, z. B. durch Video-Konferenzen. Die nationalen Teams achten auf eine gute Vernetzung mit anderen christlichen Netzwerken und Schlüsselpersonen in den jeweiligen Ländern.

29. Das Leitungskomitee kann verschiedene Teams bilden, entsprechend den zeit- und situationsbedingten Anforderungen um so das Netzwerk als Ganzes zu stärken. Diese Teams werden vom Leitungskomitee ermutigt und unterstützt, Aufgaben und Aktionen durchzuführen und darüber regelmäßig im Leitungskomitee zu berichten. Gegenwärtig sind dies:

  • Begegnungsreisen (Ost-West)
  • Europatag am 9. Mai
  • Arbeitsgruppen zu den „7 Ja“
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Junge Leute und nächste Generation

Unser Bündnis

Wir bleiben verbunden im Bündnis der gegenseitigen Liebe und setzen den gemeinsamen Weg im vollen Vertrauen fort, dass der Heilige Geist uns auch weiterhin leitet. Wir folgen ihm, wohin Er uns führt.

27.07.2020


1   „Die Partitur ist im Himmel geschrieben. Wenn wir uns treffen, wollen wir gemeinsam auf den Heiligen Geist hören. Er wird uns verstehen lassen wie wir weitergehen sollen.“ Chiara Lubich beim ersten Zusammentreffen der Verantwortlichen der Bewegungen und Gemeinschaften verschiedener Kirchen in Ottmaring, am 31. Oktober 1999.
Wir haben große, historische Momente miteinander erlebt. Sie sind wie Hinweisschilder, die auch in Zukunft den Weg weisen werden. Wir müssen dem treu bleiben, was Gott uns miteinander erleben ließ, und diese Geschichte weitererzählen.“ Helmut Nicklas, einer der Pioniere des Miteinanders, wenige Tage vor seinem Tod.

2 Joh 13,34

Mt 18,20

4 Vgl. Gal 6,2

5 Vergleiche die Rede von Johannes Paul II am 30. Mai 1998. Unter anderem sagte er dort: „Der  institutionelle und der charismatische Aspekt der Kirche sind gleich wesentlich für die Konstitution der Kirche.

6 Chiara Lubich

7 1 Kor 12,4-24

8 Andrea Riccardi

 

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